Postulate zur Bekämpfung von Feuerbrand

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrter Herr Regierungsrat, geschätzte Kolleginnen und Kollegen

Zu den Postulaten bezüglich Feuerbrand-Bekämpfung möchte ich doch noch einige Gedanken aus Sicht der Imker anbringen. Selbstverständlich ist es auch den Imkern ein Hauptanliegen, die Obstkulturen und vor allem auch die Hochstammbestände im Kanton zu retten. Es stellt sich hier nur die Frage nach dem „Wie“ und „Wieviel“.

Die Postulanten möchten den Einsatz von Streptomycin zur Feuerbrand-Bekämpfung ermöglicht haben. Dem können wir Imker unter keinen Umständen zustimmen. Das Antibiotikum muss während der Blüte gespritzt werden, um eine Wirkung zu erzielen. Das heisst also, dass die Bienen über den Nektar in Kontakt damit kommen und Rückstände im Honig erkennbar sein werden. In einem Pressecommuniqué fordert der Verband Deutschschweizer und Rätoromanischer Bienenzüchtervereine VDRB, dass bei einem Antibiotika-Einsatz die Imker der Umgebung informiert werden müssen und diese den Honig auf Kosten des Verursachers, also des Landwirts, auf Rückstände hin kontrollieren lassen können. Und sollte tatsächlich die Antibiotika-Belastung über dem Grenzwert liegen, so muss der Landwirt den Imkern diesen Honig entschädigen. Aber auch das ist längerfristig keine befriedigende Lösung!

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir imkern doch nicht für die Kehrichtverbrennung! Es ist ein unglaublicher Frust, wenn man die Honigernte eines ganzen Frühjahres vernichten muss! Viele Imker haben mir signalisiert, dass sie ihr Hobby aufgeben würden, sollten sie mit den Folgen eines Streptomycin-Einsatzes konfrontiert werden, und das in der Situation, dass über die Hälfte der Aargauer Imker älter als 60 Jahre ist! Wer sorgt dann für eine ausreichende Bienendichte, um die antibiotika-behandelten Obstkulturen auch zu bestäuben? Ausserdem haben wir Imker uns in den letzten Jahren wirklich bemüht, unseren Honig rückstandsfrei zu bekommen. Sobald bekannt ist, dass er auch nur geringste Dosen von Antibiotika enthalten könnte, ist es vorbei mit dem Vertrauen der Konsumentinnen und Konsumenten, und jahrelange Aufbauarbeit ist zunichte!
Kommt noch hinzu, dass die Bienen einen Teil des Honigs selber benutzen, um ihre Brut aufzuziehen. Ich glaube nicht, dass eine latente Versorgung der Bienenbrut mit Antibiotika ganz ohne Folgen bleibt! Die Rückstände würden natürlich auch ins Wachs übergehen, das für neue Waben eingeschmolzen wird, und dadurch kummuliert sich der ganze Antibiotika-Gehalt! Die Bienenvölker stehen heutzutage schon genug unter Stress, wie das immer häufigere auftretende Völkersterben zeigt!

Streptomycin-Einsatz heisst, den Teufel mit dem Beelzebub austreiben, gerade auch in einer Zeit, in der immer mehr Menschen Antibiotika-Resistenzen bilden! Erfahrungen von deutschen Obstbauern zeigen, dass damit der Feuerbrand nicht ausgerottet, sondern lediglich die Symptome bekämpft werden. Auch in Obstanlagen mit Antibiotika-Einsatz müssen immer wieder erkrankte Äste zurückgeschnitten oder gar einzelne Bäume gerodet werden.

Im Hinblick auf die Hochstammbestände ist es allerdings an der Zeit, die rigorose Ausmerz- und Rodungspolitik einmal zu überdenken. Es hat sich gezeigt, dass sich der Feuerbrand dadurch nicht eindämmen lässt. Möglicherweise müsste man dazu übergehen, wie im Kanton Zürich bei wertvollen Hochstammkulturen nur noch die erkrankten Äste zurückzuschneiden und damit zu versuchen, den Baum als Ganzes zu retten. Ausserdem muss zwingend die Neupflanzung von Hochstammbäumen gefördert werden, da besteht ein enormer Nachholbedarf.

Auch eine flächendeckende Rodung von Weissdorn und Vogelbeersträuchern ist ökologisch nicht zu verantworten, bieten diese Heckenpflanzen doch nicht nur für die Bienen, sondern auch für zahlreiche Vogelarten und kleinere Tiere Nahrung und Schutz.

Natürlich verstehe ich die Obstbauern, die zusehen müssen, wie eine jahrelang gehegte Obstkultur gänzlich vernichtet wird und der Ertragsausfall existenziell werden kann. Ich verstehe auch ihren Frust, wenn ihre Nachbarn jenseits des Rheins das Antibiotikum einsetzten dürfen und daher nicht solche Verluste beklagen müssen. Aber ich halte Streptomycin für das falsche Mittel, weil die Folgen auf Mensch und Umwelt nicht abzuschätzen sind! Wir Imker sind auf gesunde Obstbäume angewiesen, aber ebenso brauchen die Obstproduzenten gesunde Bienenvölker. Imker und Obstbauern bilden eine Partnerschaft, und daher dürfen in dieser Angelegenheit keine Massnahmen ergriffen werden ohne Mitwirkung der Bienenzüchter! Ich appelliere darum an alle Beteiligten, die Imker in Zukunft angemessen miteinzubeziehen, denn jede Fremdeinwirkung auf die Bienenvölker hat Auswirkungen auf die Bestäubung der Nutzpflanzen, auf die natürliche Flora und letztlich auf den Menschen!

Alexandra Abbt