Eintreten gegen eine Zugangshürde bei den Grossratswahlen

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrter Herr Regierungsrat, geschätzte Kolleginnen und Kollegen

Ziemlich genau zwei Jahre ist es jetzt her, seit das neue Wahlgesetz mit „Doppeltem Puklheimer“ erstmals angewandt worden ist. Und  nun diskutieren wir bereits zum wiederholtesten Mal über eine Zugangsbeschränkung in Form eines Quorums. Weshalb nur? Wir haben ein Wahlgesetz, das wie kein anderes den Wählerwillen gerecht abbildet, weil jede Stimme zählt und es keine überflüssigen Stimmen gibt, die bei der Gesamtwertung aus dem Rennen fallen. Gesamtkantonal spiegelt die Sitzverteilung im Grossen Rat präzise die Parteienstärke. Dass es in einigen Bezirken auf den ersten Blick nicht ganz nachvollziehbare Verschiebungen gegeben hat, liegt in der Natur der Sache. Bis heute wurde kein Wahlsystem gefunden, dass sowohl gesamtkantonal wie auch jeweils für jeden einzelnen Bezirk in den richtigen Proportionen die Sitze zuteilt. Dies ist mathematisch schlichtweg nicht möglich, da es ja in den Bezirken keine halben und Viertel-Mandatsträger geben kann. Dies im Unterschied zu Bern, wo der halbe Bundesrat immer noch  in bester Erinnerung ist….

Zur Untermauerung der Forderung nach einem Quorum wird die Zersplitterung des Parlamentes und die Ineffizienz des Ratsbetriebs ins Feld geführt. Zersplitterung? Wir haben zusätzlich zwei neue Parteien, die auch mit einem Quorum den Einzug in den Grossen Rat geschafft hätten, und zwei Kleinparteien, deren Mandate man mit einem Quorum verhindert hätte. Aber von einer eigentlichen Zersplitterung kann keine Rede sein.
Bleibt die Ineffizienz. Liebe Kolleginnen und Kollegen, angesichts der Tatsache, dass in der laufenden Legislaturperiode bis anhin praktisch jede dritte Sitzung ausgefallen ist und einige Sitzungen früher beendet worden sind, ist es sicher nicht gerechtfertigt, von Ineffizienz zu sprechen. Natürlich ist es augenfällig, dass Exponenten von Kleinstparteien überproportional Redezeit beanspruchen, in dem sie auch überproportional Vorstösse einreichen. Aber einerseits gibt es in allen Parteien und Fraktionen Vorstoss-Spezialisten und Grossräte, die sich prinzipiell zu fast jedem Geschäft melden, und andererseits ist es Ihnen allen unbenommen, die unerwünschten Vorstösse mit Schweigen zu quittieren und einfach den Abstimmungsknopf zu drücken. Aber nein, in der Regel springen die meisten Fraktionen nur zu gerne auf den fahrenden Zug auf und nutzen die Vorstösse der Kleinstparteien als ihre eigene Profilierungsplattform. Anders ist es nicht zu erklären, dass gerade diese Vorstösse die längste Redezeit beanspruchen. Unter diesem Gesichtspunkt ist der Ruf nach mehr Effizienz scheinheilig!

Ich habe mich damals mit Herzblut und aus tiefster Überzeugung für das neue Wahlgesetz ohne jegliche Zugangshürde eingesetzt. Daran haben auch die bisherigen zwei Jahre Ratsbetrieb nichts geändert. Ich halte Ihr Ansinnen für undemokratisch, und es erstaunt mich schon, die glühendsten Verfechter des Quorums ausgerechnet in jener Partei zu finden, die sich als einzig wahre Hüterin des Volkswillens und der Demokratie darstellt. Dem Wahlvolk ist es nämlich egal, wie effizient der Ratsbetrieb ist. Ihm geht es darum, dass seine Meinung und seine Haltung im Parlament vertreten sind. Und unser demokratisches System ist weiss Gott stark genug, um auch noch ein paar vorstosswütige Einzelkämpfer auszuhalten. Ich stimme auch heute gegen diese Vorlage. Einzig falls ein erneuter Antrag auf ein höheres Quorum käme, würde ich dem kleineren Übel und damit dem Regierungsvorschlag den Vorzug geben. Aber in welcher Höhe auch immer, ein Quorum halte ich grundsätzlich für falsch!