Votum Steuergesetz

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrter Herr Regierungsrat, geschätzte Kolleginnen und Kollegen

Eine Steuerreform mit Augenmass – das war und das ist immer noch das Ziel aller steuergesetzlichen Massnahmen unseres Kantons. Was uns hier aber zur ersten Beratung vorliegt, hat mit Augenmass gar nichts mehr zu tun, sondern schreit geradezu nach einem guten Optiker oder sogar nach einem Augenchirurgen…
Es ist schon seltsam, wenn die selben Leute in ihren Gemeinden über die höheren Lasten jammern, die vom Bund und vom Kanton abgeschoben werden, aber gleichzeitig als Grossräte die Einnahmenseite massgeblich beschneiden.

Bei den vorherigen Reformschritten hat man zuerst die Kleinverdiener, danach die juristischen Personen und schliesslich die Besserverdienenden im Fokus, ganz gemäss dringlichstem Handlungsbedarf. Jedesmal wurden diese Reformen auch in der Volksabstimmung vom Mittelstand mitgetragen und nota bene auch mitbezahlt, weil die Politik in Aussicht gestellt hat, dass mit der nächsten Reform endlich einmal der Mittelstand zum Zug kommt.

Die regierungsrätliche Vorlage will dieses Versprechen  in die Tat umsetzen und die Tarife für mittlere Einkommen sowie den Ausgleich der kalten Progression festschreiben. Mit diesen Punkten konnte sich bei Bekanntgabe auch die Gemeindeammänner-Vereinigung des Bezirks Bremgarten einverstanden erklären, allerdings zugegebenermassen unter Murren, weil schon im Frühjahr absehbar war, dass sich die wirtschaftliche Lage verschlechtern würde. Darum wurde seitens der Gemeindeammänner auch eine Etappierung begrüsst.

Die nun vorliegende Steuergesetzrevision ist aber für uns Gemeindeammänner in keiner Weise mehr tragbar, weil sie weder der wirtschaftlichen Realität noch dem politischen Umfeld auch nur andeutungsweise Rechnung trägt. Ich möchte nun nicht nochmals die bekannten Lasten, die die Gemeinden auf der Ausgabenseite drücken, aufzählen. Erwähnt sei nur, dass die Folgekosten aus Kinderbetreuung und KESR noch gar nicht abschätzbar sind und die bereits erhaltenen Aufgaben enorm zu Buche schlagen.
Dass ausgerechnet jetzt, wo uns die Steuererträge auf Grund der Verschlechterung des wirtschaftlichen Umfelds wegbrechen, auch noch existenziell auf der Einnahmenseite gedreht wird, ist für die Gemeinden nicht einsehbar. Und wohlverstanden, wir sprechen hier vom Bezirk Bremgarten, der ja nicht gerade als strukturschwach bezeichnet werden kann. Macht es denn Sinn, die Steuern via Tarife zu senken und gleichzeitig die Steuerpflichtigen durch Erhöhung der Gemeindesteuerfüsse wieder stärker zur Kasse zu bitten? Und den Gemeinden wird gar nichts anderes übrig bleiben, als die Steuerfüsse mittelfristig anzuheben. Eine andere Methode wäre ein ungebremstes Wachstum, aber das ist weder raumplanerisch gewünscht noch besonders nachhaltig, da später die Infrastrukturen der höheren Einwohnerzahl angepasst werden müssen.

Ich habe mich bis jetzt persönlich immer zugunsten der Steuerpflichtigen ausgesprochen und aus Überzeugung alle Revisionsschritte mitgetragen. Nun halte ich den Bogen aber für weit überspannt. Durch dieses überladene Fuder gefährden wir die ganze Reform und damit die überfällige Entlastung des Mittelstandes. Das ist ungerecht! Diese Revision greift massiv in den Gemeindehaushalt ein, und dies zum ungünstigsten Zeitpunkt. Die Gemeinden auszubluten heisst aber, an den Fundamenten unseres Gemeinwesens zu rütteln.

Die Gemeindeammänner-Vereinigung des Bezirks Bremgarten vermutet, dass einige der zusätzlichen Kommisisonsanträge die Beratung im Grossen Rat überleben und das Schlussprodukt immer noch weit über die regierungsrätliche Vorlage hinaus geht. Dies wollen sie nicht hinnehmen und fordern daher in ihrer Resolution, die Sie alle erhalten haben, ganz auf die Revision zu verzichten.

Wahrscheinlich liegen die Gemeindeammänner mit dieser Vermutung nicht ganz falsch, da wohl bereits auf die Grossratswahlen spekuliert wird, und da eignet sich so eine Steuerreform als Wahlkampfthema sowohl rechts wie links nicht schlecht. Trotzdem hege ich noch ein kleines bisschen Zuversicht, dass sich die Vernunft noch nicht ganz aus unserem Gremium verabschiedet hat und am Ende der Beratung wieder der Vorschlag der Regierung obsiegt. Dies war ja auch aus den bisherigen Eintretensvoten zu vernehmen. Daher werde ich auch eintreten, denn der Ausgleich der kalten Progression muss endlich angepackt werden. Auch kann ich mich den Punkten, wie sie die SP bei Nichteintreten für eine allfällige neue Reform formuliert hat, überhaupt nicht anschliessen. Falls die Vorlage nach der Beratung den Rahmen des regierungsrätlichen Vorschlages sprengt, werde ich sie aber  in der Schlussabstimmung ablehnen.